Freitag, 10. Juli 2009

Pressebericht #7: Liebste Orte - Brunnen, Wald, Bad

Marc Lippuner mit Ferienkindern auf der Suche nach Stätten des Kinderglücks
(Karin Schlütter, Freies Wort, 10. Juli 2009, Auszug)

Wer in diesen Tagen durch die Stadt geht, sollte genau hinschauen. Es gibt seit gestern Nachmittag ein paar Orte, die ein kleines Schild mit gelbem Plastbändchen tragen: "Hier ist ein liebster Ort" steht darauf. Es sind Orte, die Mädchen und Jungen zwischen sechs und zehn Jahren als ihren Ort des Kinderglücks auserwählt haben.

Marc Lippuner, der Stipendiat im Künstlerhof, hat in dieser Woche ein Theaterprojekt mit Ferienkindern im Hort der Schleusinger Grundschule initiiert, Teil seines Gesamtprojekts "Schleusingen20NullNeun". Elf Mädchen haben sich für dieses Ferienprojekt entschieden, die anderen Hortkinder sind gewandert, haben unterwegs Beeren und Pilze gefunden und die Natur entdeckt.

Gestern Nachmittag gingen alle zusammen auf eine ganz besondere Stadtführung. Und ein paar wenige Gäste waren der Einladung "Ich zeig dir meinen liebsten Ort - komm mit!" gefolgt. Toni Meier mit Söhnchen Theo auf dem Rücken fand das Projekt toll und war ganz gespannt, zu welchen Lieblingsorten die Kinder führen. Da war der Marktbrunnen, von Sarah auserkoren, "weil die Elisabeth als Statue oben steht und das Wasser so schön plätschert". Die Kinder haben auf Schilder geschrieben, warum es gerade dieser Ort ist, den sie so lieben. Lisa-Marie führte die Gruppe zum Innenhof Markt 12. Das ist ihr Platz, "weil ich hier im Haus mit Mama und Papa und meiner Katze Jackie wohne und ich hier so schön schaukeln kann", erklärt sie den anderen. Tinas liebster Ort ist der Wald. Und weil der Weg dahin ein bisschen weit gewesen wäre bei der Stadtführung, zeigt sie ihn vom Kirchplatz aus. Später wird sie ihr Schild irgendwo an einen Baum am Kohlberg hängen. Die neunjährige Luise befestigt ihr Schild an die Kirchentür. "Hier ist ein liebster Ort, weil es hier eine neue Orgel gibt und die so schön klingt", ist auf ihrem Schild zu lesen. Isabell (6) aus Wiedersbach war gestern bei der Generalprobe zur Stadtführung das erste Mal im Schlosshof. Für sie war es fast wie im Märchenschloss, und den "Wunschbrunnen" erklärte sie spontan zu ihrem liebsten Ort. Lisa hat sich für den Spielplatz im Park an der Johanniskirche entschieden, weil es hier so schöne Spielgeräte gibt. Für Lara aus Erlau, die die Ferien oft im Hort der Schleusinger Grundschule verbringt, ist die Wiesenbauschule liebster Ort. Hier hat sie schon gebastelt und Waffeln gebacken. Sarah (9) fährt im Winter auf der Spindlerswiese Schlitten und im Sommer "kann ich auf der Wiese liegen und in den Himmel sehen", erzählt sie und dass der liebste Ort ihrer Freundin Cindy der Schmuckplatz ist, wo sie zusammen spielen können. "Ich zeig dir meinen Lieblingsort - komm mit!" ruft die kleine Helene (6) und führt die anderen zum Schwimmbad. Das hatte bei dem Wetter gestern allerdings zu, aber am Zaun hängt jetzt Helenes Liebster-Ort-Schild, "weil es hier eine große Rutsche gibt und man ganz viel rutschen kann". Maria wird ihr Schild demnächst in die Müller-Drogerie bringen. Und Marc erzählt, dass die Kinder viele Lieblingsorte haben und ganz viele auch ein gewisses Fast-Food-Restaurant als liebsten Ort genannt haben. Behutsam hat er sie aber in seinem Projekt auf weniger kommerzielle Dinge gelenkt. 

Überhaupt hat es allen großen Spaß gemacht. Denn Marc hat mit ihnen geübt, sich zu präsentieren. "Wir waren auch Top- Model", erzählt Maria. Auch die Kinder des Naturprojekts und die begleitenden Gäste werden jetzt ihre liebsten Orte küren. Dann wird Toni mit Söhnchen Theo zur Haardt gehen, "weil man von hier einen herrlichen Blick auf Schleusingen hat". "Nur", meint er, "dürften nicht so viele Zigarettenstummel hier liegen, die sammelt der Kleine immer auf und will sie essen." Und Marc selbst hat seinen Platz ebenfalls ausgezeichnet: "Kaffee Kunst Malanders, weil Nicole, Franzi und Steve mit ihrer Schokolade jeden Tag zum schönsten machen."

Mittwoch, 8. Juli 2009

Pressebericht #6: "Komm mit - ich zeig dir meinen Lieblingsort!"

Kinder zeigen ihre Stadt

(Marc Lippuner, Freies Wort, 9. Juli 2009)

Das Rathaus, der Heckenturm, die Johanniskirche mit ihrer restaurierten Orgel... Insgesamt fünfzehn Orte benennt Schleusingens Wegweiser durch die historische Altstadt, die Bertholdsburg nicht inbegriffen: Bis auf den alten Posthof und die Teutsche Schule allesamt gut in Schuss und alle fünfzehn unbedingt sehenswert. Meine ersten Tage hier waren bestimmt von diesem vorgeschlagenen Stadtrundgang, ich war im Gymnasium, in der Wiesenbauschule, ich lauschte der Orgel und dem Wasser, dass an der Vinzentmühle vorbeifließt. Ich bestellte mir Bücher im Gebäude Markt 12 und habe in Punkt 7, dem Roten Ochsen, selbst Quartier bezogen.
Mich persönlich jedoch interessieren die verlassenen, vergessenen, verschwundenen Orte, die man selbst entdecken muss, mehr als die repräsentativen, historischen Vorzeigeorte der Stadt: Das abgebrannte Wirtschaftsgebäude des Hilde-Coppi-Heims, der zum Abriss freigegebene Geflügelschlachthof, der arbeitslose Bahnhof mit seinem rostenden Schienennetz, die Rudimente des ehemaligen IKA-Betriebsgeländes... Orte des Verfalls, Zeugnisse des Untergangs ostdeutscher Arbeits- und Lebenswelten: Mindestens fünfzehn Orte kann ich benennen, die, nicht alle so historisch, bei weitem nicht so gut in Schuss, aber, meines Erachtens, trotzdem unbedingt sehenswert sind.
Fragen wir hingegen Kinder nach ihren Lieblingsorten in Schleusingen, so werden wir noch einmal mehr als fünfzehn ganz andere Antworten bekommen. Sind es das Freibad und ein Spielplatz, die Slusia auf dem Markt, ein Eisladen oder der Platz vor der Johanniskirche, wo manchmal eine Hüpfburg steht? Vielleicht aber sind es auch Orte, die auf den ersten Erwachsenenblick für Kinderaugen gar nicht attraktiv scheinen?
Ich mache mich diese Woche auf die Suche nach diesen Plätzen des Kinderglücks. Mit Schülern zwischen sechs und zehn Jahren erforsche ich ihre liebsten Orte, wir hören, riechen und fühlen sie und präsentieren unsere Ergebnisse in einer inszenierten Stadtführung: Die Kinder zeigen Ihnen Schleusingen von einer ganz anderen Seite, erzählen Ihnen, warum die von ihnen ausgewählten Orte Orte des Glücks und damit unbedingt sehenswert sind.
Entdecken Sie Schleusingen neu! Blicken Sie mit Kinderaugen auf Ihre Stadt!
Treffpunkt ist am Donnerstag um 14 Uhr der Brunnen auf dem Marktplatz. Die Stadtführung ist eine einmalige Aktion, sie ist kostenfrei und dauert etwa 70 Minuten.