Marc Lippuner stellte "Schleusingen20NullNeun" vor
(Jürgen Lautensack, Freies Wort, 11. Mai 2009)
Nicht immer sind die Plätze im Künstlerhof Roter Ochse bei der Einführung eines neuen Stipendiaten so gut besetzt wie sie es am Freitagabend bei der offiziellen Vorstellung von Marc Lippuner waren. Damit beginnt sein Stipendiat in Schleusingen schon anders als manche zuvor, und - diesen Eindruck haben alle gewonnen - es wird auch über die gesamte Zeit anders verlaufen als alle zuvor. "Eine Stadt macht Theater", das ist sein Ziel, und dazu braucht er vor allem die aktive Mitwirkung der Schleusinger auf vielen Gebieten. "Er wird einen noch engeren Kontakt zu den Menschen der Stadt und Umgebung anstreben und benötigen als alle Künstler vor ihm", schaute Cornelia Graf vom Künstlerhof-Vorstand voraus.Doch so wie sich Marc Lippuner präsentierte - voller Ideen, Energie und Tatendrang, spritzig, witzig und dabei dennoch sein Ziel nicht aus den Augen verlierend - werden sich die Schleusinger kaum einer Mitwirkung an seinen Projekten entziehen können. Wer ihn erlebt hat, wird es auch nicht wollen. "Schleusingen20nullneun. Eine Bestandsaufnahme" lautet der Titel, unter dem sich viele kleine Projekte zu einem großen formen sollen, Theater in der Stadt, Theater für die Stadt - und vor allem Theater mit den Menschen der Stadt. Und damit das alles gelingt, waren die ersten Tage von Marc Lippuner in Schleusingen schon davon geprägt, sich intensiv umzuschauen, Leute kennen zu lernen und Geschichten zu entdecken. "Für mich ist jeder Kontakt ein potenzieller Mitstreiter", sagte der junge Regisseur am Freitagabend. "Es gibt vieles, wobei ich Ihre Hilfe benötige." Er hat Bilder gemacht in der Stadt und dabei schon viele kleine Projekte im Kopf entwickelt in den ersten Tagen seit seinem Einzug im Künstlerhof. Und so könnte etwa aus einem leer stehenden Laden oder einem für das normale Auge unansehnlichen Hinterhof der Ort für eine Performance werden, könnte beispielsweise das IKA-Gebäude noch einmal die Hauptrolle spielen in einer Episode der Stadtgeschichte - und die Akteure sind die Schleusinger selbst. Allein die Reaktionen im Publikum zeigten ihm, wie interessant seine Ideen klingen. "Das Gemurmel geht los - das ist gut so!", freute er sich. Aber es soll keine Kunst um der Kunst Willen geben, sondern alles müsse mit den Menschen der Stadt entstehen. "Es ist ein großes Experiment, und ich weiß nicht ob es gelingt", sagte Lippuner, der auch dem Vorstand und Kuratorium des Roten Ochsen dankte für den Mut, ihn hierher zu holen, wo doch bei seiner Arbeit so wenig Ergebnis wie kaum sonst vorherzusagen sei. Nun wird es konkreter, wird Marc Lippuner noch aktiver auf die Schleusinger zugehen und um ihre Mitwirkung bitten. Vor allem - aber nicht nur - die 20 Jahre seit der Wende interessieren ihn dabei. Am 13. August etwa möchte er deutsch-deutsche Briefe lesen, "und am liebsten Ihre", sagte er an die Gäste gewandt. Mit einem Jugendclub möchte er eine Inszenierung vorbereiten und eine Projektwoche mit Grundschülern durchführen. Damit seine Ideen weiter entwickelt werden können, lädt er die Schleusinger, die sich auf welche Weise auch immer einbringen möchten, ein, um sich auszutauschen, zu hören, was er vorhat und zu klären, wie man ihn unterstützen könnte. Ständig aktuelle Infos will Lippuner auch im Internet-Blog zur Verfügung stellen.
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